Objektorientierte Programmierung

Modul #J2

Ziele

  • Ich kann ohne Hilfsmittel die Bestandteile einer Klasse vollständig auflisten.
  • Ich kann den Unterschied zwischen einer Klasse und einem Objekt mit konkreten Beispielen demonstrieren.
  • Ich implementiere Klassen anhand vorgegebenen Anforderungen und instanziiere (erzeuge) Objekte dazu.

Einführung

In der realen Welt können wir viele Objekte wie Autos, Gebäude und Menschen um uns herum finden. Alle diese Objekte haben einen bestimmten Zustand/Merkmale und ein bestimmtes Verhalten.

Wenn wir ein Auto betrachten, so könnte sein Zustand/seine Merkmale

  • einen Markennamen,
  • eine bestimmte Geschwindigkeit
  • oder den zu tankenden Kraftstoff enthalten.

Mögliche Verhaltensweisen eines Autos sind normalerweise

  • fahren
  • und einparken.

Definitionen

Objektorientierte Programmierung

Das Konzept der objektorientierten Programmierung soll helfen eine Struktur in eine Anwendung zu bringen. Das Ziel ist es, Daten und Methoden, die zusammengehören, in einer Klasse zusammenzufassen. Dies führt auch dazu, dass der Code wiederverwendbarer wird, da einfach neue Instanzen/Objekte dieser Klasse erstellt werden können.

Klasse

Unter einer Klasse versteht man in der objektorientierten Programmierung ein abstraktes Modell bzw. einen Bauplan für eine Reihe von ähnlichen Objekten. Die Klasse dient als Bauplan für die Abbildung von realen Objekten in Softwareobjekte und beschreibt Attribute (Eigenschaften) und Methoden (Verhaltensweisen) der Objekte.

Objekt

Ein Objekt bezeichnet in der objektorientierten Programmierung ein Exemplar eines bestimmten Datentyps oder einer bestimmter Klasse. Objekte sind konkrete Ausprägungen (=Instanzen) einer Klasse und werden zur Laufzeit erzeugt (Instanziierung).

Datenfelder

Datenfelder (Attribute) enthalten Informationen, die für Objekte dieser Klasse relevant sind. Beispielsweise hat ein Auto eine Höchstgeschwindigkeit, eine bestimmte Anzahl von Sitzen, usw. Das heisst, ein Feld ist eine Variable, in der Daten gespeichert werden können. Es kann einen beliebigen Typ haben, einschliesslich primitiver Typen (int, float, boolean usw.) und Klassen. Eine Klasse kann auch sich selber als Feld enthalten. Eine Klasse kann beliebig viele Felder haben.

Methoden

Methoden dienen dazu, den Zustand eines Objekts zu verändern. Die Methode refuel() (siehe Klassendiagramm unten) füllt beispielsweise den Tank, bis dessen Kapazität erreicht wird.

Zusammenfassung

Klassen werden verwendet, um benutzerdefinierte Datentypen darzustellen. Damit werden Attribute und Verhalten, welche zu diesem neuen Datentyp gehören, an einer Stelle im Code zusammengefasst und verwaltet. Diese neuen, benutzerdefinierte Datentypen können dann wie anderen Datentypen (primitive Datentypen oder andere Klassen) verwendet werden.

Beginnen wir mit einem Beispiel einer Auto-Klasse; hier siehst du das UML-Klassendiagramm der Klasse Car, die wir selber erfunden haben. Die oberen 4 Einträge sind ihre Instanzvariablen und die untersten 3 sind ihre Methoden. Einträge mit einem - sind private, Einträge mit einem + sind öffentlich (public):

class Car
- topSpeed: int
- totalSeats: int
- fuelCapacity: int
- manufacturer: String
+ refuel(): void
+ park(): void
+ drive(): void

Klassen und Objekte im Schnelldurchlauf

Klassen deklarieren

Eine Java Klasse besteht aus zwei Teilen: Dem Klassenkopf und dem Klassenrumpf.

Im Klassenkopf (auch Klassendeklaration genannt) wird eine neue Klasse mit dem Keyword class gefolgt vom Namen der Klasse deklariert. Per Konvention folgt die Benamsung der Klasse dem PascalCase. Das bedeutet, dass der Klassen-Name und jedes neue Wort darin mit einem Grossbuchstaben beginnt, der Rest besteht aus Kleinbuchstaben.

Wie folgt kannst du eine Klasse mit dem Namen Nothing erstellen:

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public class Nothing {
    
}

Der “Klassenrumpf” besteht aus einer öffnender { und schliessenden geschweiften Klammer }. Diese Klammern bilden die Grenzen der Klasse. Der Klassenrumpf kann Felder, Methoden und Konstruktoren enthalten. Felder speichern Daten, Methoden definieren das Verhalten und Konstruktoren ermöglichen es uns, neue Objekte der Klasse zu erstellen und zu initialisieren. Felder und Methoden gelten als Klassenmitglieder (class members).

Der Quellcode einer Klasse wird in eine .java-Datei eingefügt. Normalerweise enthält eine Quellcodedatei nur eine Klasse und hat denselben Namen wie diese Klasse. Manchmal kann eine Datei jedoch auch mehrere Klassen enthalten, jedoch darf es nur eine öffentliche (public) Klasse pro Datei geben. Deren Name muss mit dem Dateinamen übereinstimmen.

Nachfolgend die Klasse Patient in der Datei Patient.java:

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public class Patient {
    String name;         // Feld bzw. Instanzvariable vom Datentyp String mit dem Bezeichner 'name'
    int age;             // Feld bzw. Instanzvariable vom Datentyp int mit dem Bezeichner 'age'
    float size;          // Feld bzw. Instanzvariable vom Datentyp float mit dem Bezeichner 'size'
    String[] complaints; // ein Feld kann auch ein Array sein
}

Diese Klasse repräsentiert einen Patienten in einem Krankenhausinformationssystem. Sie verfügt über vier Felder: name, age, size und complaints. Alle Objekte der Klasse Patient haben dieselben Felder, aber ihre Werte können für jedes Objekt unterschiedlich sein.

Objekte erstellen

Patient.java

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class Patient {
    String name;
    int age;
    float height;
}

Wir können ein Objekt (auch “eine Instanz” genannt) der Klasse Patient mit dem Operator new erstellen:

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Patient patient = new Patient();

Wenn du ein neues Objekt erstellst, wird jedes Feld mit dem Standardwert des entsprechenden Typs initialisiert (insofern du keinen Konstruktor mit Argumenten verwendest, dazu aber später mehr). Wenn die Instanzvariablen eines Objektes nicht mit einem Zugriffsmodifikator wie private versehen sind (dazu unten mehr), können wir mittels Punkt-Operator auf die Variablen des Objekts zugreifen:

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System.out.println(patient.name); // es wird null ausgeben
System.out.println(patient.age);  // es wird 0 ausgeben

Das folgende Programm erstellt zwei Objekte der Klasse Patient und druckt die Informationen der Objekte aus.

PatientDemo.java

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public class PatientDemo {

    public static void main(String[] args) {
        // Wir erstellen einen neuen Patienten, alle Variablen werden mit ihren Standardwerten initialisiert
        Patient john = new Patient();
        // Wir greifen über den Punkt-Operator auf die Variablen zu und speichern Werte darin
        john.name = "John";
        john.age = 30;
        john.height = 180f;
        System.out.println(john.name + " " + john.age + " " + john.height);

        Patient alice = new Patient();
        alice.name = "Alice";
        alice.age = 22;
        alice.height = 165f;
        System.out.println(alice.name + " " + alice.age + " " + alice.height);
    }
}

Im obigen Code haben wir zwei Patienten erstellt, John und Alice, die Werte ihrer Felder definiert und dann die Informationen über sie ausgedruckt. Wir sehen, dass wir mit dem Punkt-Operator auf die Felder des Objekts zugreifen können (john.name = “John”). Allerdings soll hier erwähnt sein, dass das nur geht, wenn die Instanzvariablen nicht private sind (wir behandeln das Thema Zugriffsmodifikatoren später).

Referenzen teilen

Objekte sind Referenztypen. In einer Variable wird also nicht das Objekt selbst, sondern die Speicheradresse hinterlegt, welche auf das Objekt zeigt. Es können sich also mehrere Referenzen auf dasselbe Objekt beziehen.

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Patient patient = new Patient();
patient.name = "Mary";
patient.age = 24;
System.out.println(patient.name + " " + patient.age); // Mary 24

// Wir weisen der Variablen patient2 die Speicheradresse der Variablen patient zu
Patient patient2 = patient;
System.out.println(patient2.name + " " + patient2.age); // Mary 24

Es ist wichtig zu verstehen, dass sich die zwei Referenzen oben auf das gleiche Objekt im Speicher beziehen und nicht auf zwei unabhängige Kopien. Da unsere Klasse veränderbar ist, können wir das Objekt mit Hilfe beider Referenzen ändern.

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patient.age = 25;
System.out.println(patient2.age); // 25